Warten. Auf den Bus

     

Constanze Krüger,17. Juni 2012 ·
Wir warten.
Wir warten auf den Bus, der uns von der Baustelle in unser Wohnheim bringt. Wir wissen, dass er kommen wird und am Fahrplan stehen sogar Zeitpunkte für Ankunft und Abfahrt. Wir warten und wir schauen auf unsere Armbanduhren und klopfen nervös darauf, als würde das irgend etwas ändern. Wir warten ,weil wir wissen, dass er kommen wird und wir pochen auf unsere Uhren und damit auf unser Recht, dass er kommen wird, der Bus. Denn es ist so versprochen und deshalb muss es so sein.
Die Litauer lächeln. ‚Budjet.‘, sagen sie. Das ist russisch und heisst so viel wie ‚wird schon‘. Sie lächeln und fangen an, ein Tanzspiel zu spielen, einer sitzt am Rand und liest ein Buch und lächelt auch dann und wann und wir warten und pochen auf unsere Uhren. Und auf unser Recht.

Wir fragen, warum der Bus zu spät kommt. ‚ Budjet‘ antworten die Litauer und tanzen weiter und lächeln weiter.
Wir ärgern uns. Wir ärgern uns über den Bus, der zu spät kommt und über die Litauer, die tanzen und lächeln, obwohl der Bus zu spät kommt.
Der Bus kommt. Gefühlte Stunden zu spät. Die Litauer steigen ein und lächeln und zwinkern uns zu. ‚ Budjet‘ sagen sie. Wir stellen den Busfahrer zur Rede und pochen auf unsere Uhren und auf den Fahrplan und auf unser Recht,vor allem auf unser Recht, wenigstens zu erfahren, welchen Grund die Verspätung hat. Der Busfahrer zuckt mit den Schultern und lächelt. ‚ Budjet‘ sagt er. Wir ärgern uns. Wir haben so viel kostbare Zeit verloren damit, dass wir uns geärgert haben. Die Litauer lächeln.
Wir kommen an, zu spät natürlich. Am Abend sind wir verabredet. Mit den Litauern. Wir werden zu spät kommen, sagen wir ihnen, weil wir ja noch in unsere Zimmer müssen und duschen und uns umziehen.
Die Litauer lächeln: Budjet!

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